Foto © Mathias Müller (Webseiten: f/9,6) |
Die Straßenlampen-Sterne auf dieser Nachtansicht von Hannover haben meine Neugier geweckt.
Die Sterne entstehen durch Beugung des Lichtes an der Blendenöffnung, klar – aber stimmt das auch, oder fehlt da noch etwas? Das könnte man ja einmal durch Nachrechnen überprüfen! Also habe ich den Computer berechnen lassen, wie eine Kamera mit verschiedenen Blendenformen eine punktförmige, monochromatische Lichtquelle abbilden würde. Die folgenden Bilder zeigen die Ergebnisse für eine Blendenöffnung in Form eines regelmäßigen Siebenecks. Das Foto oben wurde mit Brennweite f = 42 mm und Blendenöffnung f/32 gemacht. Diese Werte habe ich für die Rechnung auch benutzt und für die Lichtwellenlänge λ = 555 nm gewählt.
Das erste Bild in der Reihe sieht dem Beugungsscheibchen einer kreisförmigen Blende sehr ähnlich. Die Bildbreite entspricht 0.2 mm auf dem Sensor der Kamera. Die Helligkeit der Beugungsringe nimmt nach außen rasch ab und von einer Sternenform ist nichts zu sehen. Das ändert sich aber, wenn man die Helligkeit stark erhöht, so dass die Bildmitte einige tausendfach überbelichtet ist, wie in den anderen Bilden gezeigt. Die Bildbreite entspricht jetzt 2 mm auf dem Sensor. Im ersten, zweiten und vierten Bild ist auf die Lichtquelle scharfgestellt, im dritten Bild wird Defokussierung simuliert. Das vierte Bild wurde für leicht gekrümmte Blendenlamellen errechnet.
In den Strahlen der Sterne sieht man abwechselnd helle und dunkle Interfeerenzstreifen. Auf echten Fotos sind diese aus zwei Gründen kaum jemals zu sehen. Erstens sind die Lichtquellen nicht punktförmig und zweitens senden sie ein Kontinuum von Wellenlängen aus. Beides führt dazu, dass die Interferenzen verschmiert werden. Die Rechnung wurde ja für eine feste Wellenlänge durchgeführt.
Ich habe zwei Bilder einer nächtlichen Szene in einer etwas ländlicheren Gegend aufgenommen, eines mit Blende f/8, das andere mit f/3.2, was bei der gewählten Brennweite die größte Öffnung ist. Hier wird die Blende von sechs leicht gekrümmten Lamellen gebildet.
Unten sind die entsprechenden für eine sechseckige Blendenöffnung berechneten Bilder zu sehen, der größeren Deutlichkeit halber wieder als Graustufenbilder und nicht grün. Die Parameter sind: Wellenlänge λ = 555 nm, Blende D = f/8, Brennweite f = 10 mm.
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Links: Sechseckige Apertur, Bildbreite 0.06 mm. Der Mittelpunkt ist nicht überbelichtet.
Mitte: Dieselbe seckseckige Blendenöffnung, Bildbreite 0.6 mm, Mittelpunkt 3000-fach überbelichtet.
Rechts: Durch leicht gekrümmte Lamellen gebildete sechseckige Öffnung, 3000-fache Überbelichtung.
Die Krümmung der Kanten führt auf eine pinselförmig diffuse Aufspaltung der Strahlen der Sterne nach außen.
Eine nahezu punktförmige Lichtquelle soll durch das Objektiv scharf abgebildet werden. Für die Rechnung idealisieren wir die Geometrie: das Objektiv bestehe aus zwei idealen dünnen Linsen, eine vor und eine hinter der Blende, deren Brennweiten so gewählt sind, dass in der Blendenöffnung ebene Wellen vorliegen. Dann reicht es, statt der komplizierteren Fresnelschen Beugung die Fraunhofersche Beugung zu betrachten, um das Bild der Lichtquelle auf dem Sensor (oder Film) der Kamera zu erhalten.
Obwohl es wahrscheinlich keine Fotoapparate mit quadratischer Blendenöffnung gibt, betrachten wir zunächst genau diesen Fall wegen seiner Einfachheit.
Das Beugungsbild einer rechteckigen Blendenöffnung ist dasselbe wie das von zwei gekreuzten Schlitzen. Wenn man also die Intensitätsverteilung der Beugung an einem einfachen Spalt kennt, kennt man auch schon die einer rechteckigen Öffnung.
Da in den hier untersuchten Fällen a, die Breite des Spaltes, immer sehr viel größer ist als die Wellenlänge λ, kann man den Sinus des Ablenkungswinkels durch den Winkel selbst (im Bogenmaß) oder durch den Tangens ersetzen. Nehmen wir an, dass eine Linse hiner dem Spalt das Beugungsmuster auf einen Schirm fokussiert, so können wir also sin(α) durch x/f ersetzen, wobei f die Brennweite der Linse und x der Abstand vom Mittelpunkt des Beugungsbildes auf dem Schirm ist.
Um für die andern Winkel die Amplitude zu berechnen, muss man die in der obigen Skizze angedeutete Summation (Integration) über die Teilbeiträge ausführen. (Die Theorie der Beugung soll hier nicht behandelt werden, man findet die zugehörigen Formeln in der Wikipedia.) Die normierte Amplitude und normierte Intensität der gebeugten Welle sind gegeben durch
Das folgende Bild zeigt die Amplitude (blaugrüne Linie), die Intensität (weiße Linie) uns das Hundertfache der Intensität (dunkelrot).
Man kann wie gesagt eine quadratische Öffnung als gekreuzte Spalte ansehen und erhält somit die Intensitätsverteilung
Bei einer Digitalkamera mit f = 10 mm, Blende f/8 und quadratischer Apertur (die Seiten des Quadrats wären dann ca. 1.11 mm lang) würde das Bild einer grünen bzw. weißen Punkt-Lichtquelle auf dem Sensor wie folgt aussehen:
Die Breite des ersten und des zweiten Bildes in der Reihe beträgt 0.06 mm. Die Helligkeit ist so eingestellt, dass kein Punkt überbelichtet ist.
Bei den beiden anderen Bildern beträgt die Breite 0.6 mm und die Helligkeit ist so groß, dass die Mitte tausendfach überbelichtet ist.
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Bei anderen als rechteckigen Blendenöffnungen lässt sich die Intensität nicht mehr als Produkt schreiben, es ist ein zweidimensionales Integral über die Apertur auszuführen. Das Beugungsbild hat immer die durch die Blende vorgegebene Symmetrie. Dazu kommt, dass im Fall der Fraunhoferschen Beugung das Beugungsbild immer zentralsymmetrisch ist. Durch eine fünfeckige Blendenöffnung erhält man daher zehnstrahlige Sterne, eine sechseckige liefert nur sechsstrahlige.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neben der Beugung kein weiterer Mechanismus nötig ist, um helle Lichtquellen als Sterne erscheinen zu lassen.
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